Debatte um die allgemeine Impfpflicht
Ich werde gegen eine allgemeine Impfpflicht stimmen. Warum, das möchte ich kurz erläutern:
Wir befinden uns in einer überaus herausfordernden und ambivalenten Zeit und müssen Entscheidungen treffen, die akut ethisch verantwortungsvoll, vorausschauend und gesetzkonform zugleich sind. Dabei im Nebel immer den richtigen Kurs einzuschlagen, ist schwierig, denn es gibt leider keine Blaupause für diese Pandemie, die die ganze Welt seit nun knapp zwei Jahren an die Belastungsgrenze und sogar darüber hinaus führt.
Die Infektionslage ist weiterhin sehr besorgniserregend. Wir haben kürzlich mit der Aktualisierung des Infektionsschutzgesetzes die Entscheidungen über das weitere Vorgehen zurück ins Parlament geholt; den Prozess also wieder demokratischer gestaltet. Ebenso haben wir für einen rechtssicheren Rahmen gesorgt. Die hitzigen Debatten um die allgemeine Impfpflicht zeigt die Richtigkeit der Entscheidung der Reparlamentarisierung der deutschen Corona-Politik. Es ist gut und wichtig, dass diese fundamentale Entscheidung offen im Plenum diskutiert und entschieden wird.
Die Abstimmung über die Corona-Impflicht im Deutschen Bundestag ist dabei eine für uns Abgeordnete dem Gewissen offene Entscheidung. Das begrüße ich sehr.
Die vergangenen Wochen haben Folgendes gezeigt:
Zum einen liegt die Impfquote in der Altersgruppe der über 18-Jährigen laut dem RKI bei 79,4 %. All diese Menschen haben wesentlich und freiwillig dazu beigetragen, dass Schulen offen bleiben und ein allgemeiner Lockdown vermieden werden konnte. Auch aus diesem Grund fühle ich mich den Wählerinnen und Wählern verpflichtet, denen meine Partei und ich vor der Wahl zugesichert haben, keine allgemeine Impfpflicht einzuführen. Der Impffortschritt konnte dennoch nicht so schnell wie notwendig erzielt werden. Dies aus ganz unterschiedlichen Gründen.
Zum anderen erleben wir im ganzen Land und auch parteiübergreifend eine strittige Debatte darüber, welche Maßnahmen im welchem Umfang sinnvoll, verhältnismäßig und gesetzlich zulässig sind.
Für mich wiegt der Eingriff einer allgemeinen Impfpflicht in das persönliche Freiheitsrecht jedes Einzelnen zu schwer. Die finale Entscheidung für oder gegen eine Impfung, muss jeder Bürgerin und jedem Bürger selbst vorbehalten bleiben.
Eine flächendeckende, allgemeine Impfpflicht, so meine Befürchtung, wirkt zudem wie ein Brandbeschleuniger auf die ohnehin schon erhitzte gesellschaftliche Stimmung und würde zu einer noch stärkeren Spaltung führen.
Was ich mir persönlich vorstellen kann, ist eine einrichtungsbezogene Impfkampagne, die für den Schutz der vulnerablen Gruppen sorgt. Wenn wir sicherstellen können, dass wir allen Impfwilligen, und besonders den älteren Bevölkerungsgruppen, ein Impfangebot gemacht haben, flankierend mit zusätzlicher, ärztlicher Aufklärung, könnten wir auch ohne Zwang den Impffortschritt beschleunigen.
Ich bin fest davon überzeugt: Wir müssen den Dialog mit all jenen suchen, die sich, aus welchen Gründen auch immer, bisher noch nicht impfen ließen. Wir müssen sicherstellen, dass wir niemanden in der Gesellschaft zurücklassen. Es ist unsere Pflicht und Aufgabe, alle Menschen zu schützen, indem wir allen Menschen ein niedrigschwelliges Impfangebot machen.
Impfen rettet Leben. Und Impfen wird uns aus dieser Krise herausbringen. Ich appelliere deshalb mit Nachdruck an die Vernunft eines jeden von uns:
Reduzieren Sie Ihre Kontakte. Lassen Sie sich impfen. Lassen Sie sich boostern. Schützen Sie sich und andere.
Bleiben Sie gesund!